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UHLAND, Ludwig


Einkehr


Bei einem Wirte wundermild,

Da war ich jüngst zu Gaste;

Ein goldner Apfel war sein Schild

An einem langen Aste.


Es war der gute Apfelbaum,

Bei dem ich eingekehret;

Mit süßer Kost und frischem Schaum

Hat er mich wohl genähret.


Es kamen in sein grünes Haus

Viel leichtbeschwingte Gäste;

Sie sprangen frei und hielten Schmaus

Und sangen auf das beste.


Ich fand ein Bett zu süßer Ruh

Auf weichen, grünen Matten;

Der Wirt, er deckte selbst mich zu

Mit seinem kühlen Schatten.


Nun fragt ich nach der Schuldigkeit,

Da schüttelt er den Wipfel.

Gesegnet sei er allezeit

Von der Wurzel bis zum Gipfel.



Heimkehr


O brich nicht, Steg, du zitterst sehr!

O stürz nicht, Fels, du dräuest schwer!

Welt, geh nicht unter, Himmel, fall nicht ein,

Eh' ich mag bei der Liebsten sein.


Die Kapelle

Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tal hinab.
Drunten singt bei Wies' und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor;
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten in dem Tal;
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir singt man dort auch einmal.


Der gute Kamerad

Ich hatt einen Kameraden,

Einen bessern find'st du nit

Die Trommel schlug zum Streite,

Er ging an meiner Seite

In gleichem Schritt und Tritt.

Eine Kugel kam geflogen,

Gilt's mir oder gilt es dir?

Ihn hat es weggerissen,

Er liegt mir vor den Füßen,

Als wär's ein Stück von mir.

Will mir die Hand noch reichen,

Derweil ich eben lad.

Kann dir die Hand nicht geben,

Bleib du im ew'gen Leben

Mein guter Kamerad!


Der Wirtin Töchterlein

Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein,
Bei einer Frau Wirtin, da kehrten sie ein:
"Frau Wirtin, hat Sie gut Bier und Wein?
Wo hat Sie Ihr schönes Töchterlein?"

"Mein Bier und Wein ist frisch und klar.
Mein Töchterlein liegt auf der Totenbahr'."
Und als sie traten zur Kammer hinein,
Da lag sie in einem schwarzen Schrein.

Der erste, der schlug den Schleier zurück
Und schaute sie an mit traurigem Blick:
"Ach, lebtest du noch, du schöne Maid!
Ich würde dich lieben von 'dieser Zeit."

Der zweite deckte den Schleier zu
Und kehrte sich ab und weinte dazu:
"Adi, daß du liegst auf der Totenbahr'!
Ich hab' dich geliebet so manches Jahr."

Der dritte hüb ihn wieder sogleich
Und küßte sie an den Mund so bleich:
"Dich liebt' ich immer, dich lieb' ich noch heut'
Und werde dich lieben in Ewigkeit."


Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
Sie säuseln und weben Tag und Nacht,
Sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
Man weiß nicht, was noch werden mag,
Das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
Nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.



Nähe.


Ich tret’ in deinen Garten;

Wo, Süße, weilst du heut?

Nur Schmetterlinge flattern

Durch diese Einsamkeit.


Doch wie in bunter Fülle

Hier deine Beete stehn!

Und mit den Blumendüften

Die Weste mich umwehn!


Ich fühle dich mir nahe,

Die Einsamkeit belebt;

Wie über seinen Welten

Der Unsichtbare schwebt.