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PREUSSLER, Otfried



Der kleine Wassermann

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Traurig senkte Wirl seinen Blick zu Boden. „Das ganze Wasser“, schluchzte er, ist auf diesen Rest hier, ist jetzt im großen Teich. Der ist nun wieder bis zum Rand gefüllt. Dieser niederträchtige Nachbar! Nicht nur, dass er mir den Teich wegnahm, er will mir auch das Leben nehmen.“

„Nein, sterben musst du nicht!“ sagte Niklas, um ihn zu trösten. „Ich werde dir helfen.“ Niklas´ Herz pochte vor Rührung und Zorn zugleich. „Du wirst deinen Teich wiederbekommen, das verspreche ich dir. Doch vorläufig nehme ich dich mit zu meinen Großeltern, denn hier kannst du nicht bleiben. Wir haben im Garten ein Regenwasserbassin, wo du dich gut verstecken kannst. Und abends kommst du mit ins Badezimmer. Da können wir uns einen Schlachtplan überlegen.“

„Danke, Niklas!“, sagte Wirl - es war wieder Glanz in seinen roten Augen. „Du bist ein guter Mensch! Aber ich möchte noch bis zum Abend hierbleiben. Es ist zu heiß am Tag. Man könnte mich auch sehen. Außerdem muss ich die Fische retten, die hier noch im Teich sind. Es ist meine Pflicht als Wassermann, für sie zu sorgen. Darum werde ich sie im Eimer zum großen Teich tragen.“

„Pass bloß dabei auf“, meinte Niklas besorgt. „Hüte dich vorm bösen Wassermann! Ich will nicht, dass er dir noch mehr Leid antut. Ich komme, wenn es dunkel wird, und bringe eine Gießkanne mit.

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Krabat
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" Wäre das nicht er Fall , wenn der Meister auf andere Weise zu Tode käme?'

,Nein', sagte Juro. "Und dies ist ein weiterer Grund für die wenigen Eingeweihten, alljährlich den Tod eines Mitgesellen in Kauf zu nehmen."

"Und du?' fragte Krabat. Du selber hast auch nichts dagegen getan?'

"Weil ich mich nicht getraut habe", sagte Juro. Und weil ich kein Mädchen hab, das mich freibitten käme.'

Er spielte mit beiden Händen am Kerzenleuchter, indem er ihn auf der Tischplatte hin und her drehte, langsam und prüfend, als wollte er etwas Bestimmtes dabei herausfinden, das für ihn wichtig war.

,Daß wir uns recht verstehen', meinte er schließlich. "Noch brauchst du dich nicht zu entscheiden, Krabat, nicht endgültig. Doch wir sollten schon jetzt damit anfangen, alles zu tun, was in unserer Kraft steht, um vorzusorgen, daß du dem Mädchen die Probe notfalls erleichtern kannst."

"Aber das kann ich doch!" sagte Krabat. "Ich werde ihr in Gedanken das Nötige zu verstehen geben - das geht doch, das haben wir ja gelernt!"

"Das geht nicht', widersprach ihm Juro.

"Nein?'

,Weil der Meister die Macht hat, das zu verhindern. Er hat es bei Janko getan - und er wird es auch diesmal tun, da besteht kein Zweifel.'

"Was dann?' fragte Krabat.

,Du mußt', sagte Juro, "im Lauf des Sommers und Herbstes dahin zu kommen trachten, daß du imstande bist, dich, dem Willen des Meisters zu widersetzen. Wenn wir in Rabengestalt auf der Stange hocken, und er gebietet uns: Steckt die Schnäbel unter den linken Flügel!' - dann mußt du es fertigbringen, daß du als einziger deinen Schnabel unter den rechten steckst. Du verstehst mich. Indem du dich bei der Probe anders verhältst als wir übrigen, gibst du dich zu erkennen: das Mädchen weiß dann, auf welchen Raben es zeigen muß, und die Sache hat sich."

"Was können wir also tun?" meinte Krabat. "Du wirst deinen Willen üben.

"Sonst nichts?"

"Das ist mehr als genug, wie du merken wirst. Wollen wir anfangen?' Krabat war einverstanden.

Nehmen wir an', meinte Juro, "daß ich der Meister bin. Wenn ich dir einen Befehl gebe, wirst du versuchen, das Gegenteil dessen zu tun, was ich sage. Statt also, falls ich es dir befehlen sollte, etwas von rechts nach links zu rücken, rückst du's von links nach rechts. Wenn du aufstehen sollst, bleibst du sitzen. Verlange ich, daß du mir ins Gesicht schaust, dann blickst du weg. Ist das klar?"

"Das ist klar', sagte Krabat.

"Gut, dann beginnen wir ."

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