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REUTH, Ralf G.



Joseph Goebbels Tagebücher 1924 – 1945

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9. November 1939

[...] Abends im Bürgerbräukeller. Die alten Kameraden! Viele fehlen, viele sind im feldgrauen Rock erschienen. Der Führer wird mit vorstellbarem Jubel empfangen. Er hält in seiner Rede ein schneidende Abrechnung mit England. Schärfste Angriffe gegen die britische Raubpolitik. Wir kapitulieren nie. Vorbereitet auf 5 Jahre Krieg. Und England wird unsere Waffen kennenlernen. Tolle Begeisterung durchtobt den Saal. Diese Rede wird eine Weltsensation werden.

Gleich nach der Rede mit dem Führer nach Berlin zurückgefahren. In unserem Abteil gegessen und geplaudert. Wir sprechen alle möglichen Probleme durch. Vor allem auch den Mangel an Umsicht und Initiative im Rust-Ministerium. Der Führer ist auch sehr ungehalten darüber. Aber er kann im Augenblick noch nichts daran ändern. Die Auseinandersetzung mit der Klerisei will er sich für nach dem Krieg aufsparen. Und das ist auch ganz richtig so! Die allgemeine Lage sieht der Führer sehr optimistisch an. England muß in die Knie gezwungen werden.

In Nürnberg kommt eine Hiobsbotschaft, ich muß dem Führer ein Telegramm überreichen, nach dem kurz nach unserem Verlassen des Bürgerbräus dort eine Explosion stattfand. 8 Tote und 60 Verletzte. Das ganze Gewölbe heruntergestürzt. Das ist ungeheuerlich. Der Führer hält die Nachricht zuerst für eine Mystifikation. Aber ich frage in Berlin nach, alles stimmt. Man hatte schon zweimal versucht, den Zug anzuhalten, aber ohne Erfolg. Der Umfang des Schadens ist riesengroß. Ein Attentat, zweifellos in London erdacht und wahrscheinlich von bayerischen Legitimisten durchgeführt. Der Führer diktiert ein Communique, das ich gleich schon in Nürnberg herausgebe. Wir überlegen ausgiebig wahrscheinliche Täterschaft, Folgen und evtl. Maßnahmen. Wir halten das Volk vorläufig noch zurück, bis wir wenigstens wissen, aus welcher Richtung der Anschlag kommt.

Der Führer und wir alle sind wie durch ein Wunder dem Tode entronnen. Wäre die Kundgebung wie alle Jahre vorher programmgemäß durchgeführt worden, dann lebten wir alle nicht mehr. Der Führer hat im Gegensatz zu früher eine halbe Stunde früher angefangen und zeitiger geschlossen. Er steht doch unter dem Schutz des Allmächtigen. Er wird erst sterben, wenn seine Mission erfüllt ist. [...]

11. November 1939

Gestern: Bürgerbräu-Attentat noch immer große Weltsensation. London und Paris versuchen uns nach Muster Reichstagsbrand die Schuld zuzuschieben. Wir gehen energisch dagegen vor. Die Stimmung im Lande ist ausgezeichnet. Von den Tätern fehlt noch jede Spur. Einige kleine Hinweise sind erst zu verzeichnen. [...]

17. November 1939

[...] Die Hintergründe des Münchener Attentats liegen nun ziemlich klar: der eigentliche Attentäter ist eine Kreatur von Otto Straßer. Der war während der entscheidenden Tage in der Schweiz. Nach dem Attentat ist er gleich nach England, also offenbar zu seinen Brot- und Auftraggebern abgekratzt. Das Werk des secret service. Wir halten alles noch geheim, um die Hintermänner nicht argwöhnisch zu machen. [...]

19. November 1939

[...] Die Attentatsfrage von München wird weiter untersucht. Otto Straßer steht mit dem secret service hinter allem. [...]

9. April 1941

[...] Beim Führer: [...] Wir erzählen über Attentat Bürgerbräu. Hintermänner noch immer nicht gefunden. Attentäter schweigt unentwegt. Führer meint, Otto Straßer. Bei Reichstagsbrand tippt er auf Torgler als Urheber. Halte das für ausgeschlossen. Dazu ist er viel zu bürgerlich. Für unsere Polizei und Justiz und ihren Spürsinn hat der Führer keine freundliche Anerkennung. [...]

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