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PLATEN, August Graf von


Würde selbst die Welt zertrümmert

Würde selbst die Welt zertrümmert,

Nur der Ort nicht, wo ihr steht,

Ungerührt und unbekümmert

Säht ihr, wie sie untergeht.


Wollt ihr ewig läßig schweifen,

Müßig ohne festen Mut?

Faßt den Keim und laßt ihn reifen,

Der euch in der Seele rut.


Lernt vor allen ird’schen Dingen,

Wer ihr seid und was ihr sollt:

Streben, wenn auch nicht vollbringen,

Eh der Vorhang niederrollt



Am Ufer des Rheins


Sanft ruh’ ich an deinem Schattengestad,

O grüner, herrlicher Rhein,

O sage, was wird nach der Himmlischen Rat

Germaniens Schicksal sein?


Wann wird der unselige Fluch gelöst,

Der lastend über uns ruht?

O sage mir’s, eh du vorübergehst

Mit deiner sittlichen Flut.


Wir ziehn über dich zu der Schlachten Gebraus;

Sprich: kehren wir, kehren wir nicht?

Und leeren den Römer wir nochmals aus,

Um den sich der Kranz dann flicht?


Wird nun die Tyrannenmacht untergehn

Durch unsre Bewaffnete Hand?

Wird endlich die Freiheit wiedererstehn

Im alten deutschen Land?


O rede Rhein! Ihr Fluten, sprecht!

Doch, wenn’s der Himmel euch

wehrt: Wir traun auf unser gutes Recht

Und unser gutes Schwert.



Was soll dies kindische Verzagen


Was soll dies kindische Verzagen
Dies eitle Wünschen ohne Halt?

Da du der Welt nicht kannst entsagen,

Erobre dir sie mit Gewalt!


Und könntest du dich auch entfernen,

Es triebe Sehnsucht dich zurück;

Denn ach, die Menschen lieben lernen,

Es ist das einz'ge wahre Glück!

Unwiderruflich dorrt die Blüte,

Unwiderruflich wächst das Kind,

Abgründe liegen im Gemüte,

Die tiefer als die Hölle sind

Du siehst sie, doch du fliehst vorüber

Im glücklichen, im ersten Lauf,

Dem frohen Tage folgt ein trüber,

Doch alles wiegt zuletzt sich auf.


Und wie der Mond im leichten Schweben,

Bald rein und bald in Wolken steht,

So schwinde wechselnd dir das Leben,

Bis es in Wellen untergeht


An die Schöne


Sie trug ein Band in Haaren,

Das flatterte durch die Luft,

Am Busen barg sie Rosen,

Die spendeten würzigen Duft


Vom Busen gib mir die Rosen,

Oder gib mir das Band im Haar,

Oder gib mir die Haare selber,

Oder gib mir den Busen gar!


Vom Bande flicht mir Fesseln,

Von Rosen den bräutlichen Kranz,

Ein Ringlein winde von Haaren,

Aber schenke dein Herz mir ganz.


Der Fischerknabe


Des Abendsterns ersehnter Schein

Beglänzt den Saum der Flut,

Der Knabe zieht den Kahn herein,

Der still im Hafen ruht.


"Mein Tagewerk ist treu vollbracht,

Doch, liebe Seele, sprich,

O sprich, wie soll die lange Nacht

Vergehn mir ohne dich?"


Am Ufer steht ein Weidenbaum

Und dran gelehnt ein Stein,

Darunter liegt in schmalem Raum

Ihr kaltes Totenbein.



Die Najade
…..
Die Quelle, die Felsen umschließen,

Ich sähe sie gern entstehn:

Sie wird nicht müde zu fließen,

Ich werde so müde, zu gehn!


Bald rinnt über Steine sie helle,

Bald dunkelt sie schattenumringt,

Fänd' ich die verschwiegene Stelle,

Wo sie dem Granit entspringt!


Da droht mich im Lauf zu stören

Die Felswand, schroff und nackt,

Das wilde Gestrüppe der Föhren,

Der wilde Katarakt.


Schon eil ich zurück die Pfade,

Da klingt mir's hell ins Ohr;

Die Stimme der schönen Najade

Tönt unter der Welle hervor:


»Mein klares Haupt beschauen

Die seligen Götter allein:

Durchspähe du suchend die Auen,

Den Wald und das öde Gestein.«

…..


Leichtsinn


Wer wollte sich beklagen,

Da stets uns überfällt

Ein innigstes Behagen

Am Eitelsten der Welt ?


Wie Manches ist vergangen !

Wie Manches wird vergehn !

Wir wissen’s, wir verlangen

Kein ewiges Bestehn


Zwar nur ein Lückenbüsser
Ist irdischer Genuss,

Doch mundet um zu süsser,

Je flüchtiger ein kuss.



Ich bin wie Leib dem Geist

Ich bin wie Leib dem Geist, wie Geist dem Leibe dir;

Ich bin wie Weib dem Mann, wie Mann dem Weibe dir,

Wen darfst du lieben sonst, da von der Lippe weg

Mit ew'gen Küssen ich den Tod vertreibe dir?

Ich bin dir Rosenduft, dir Nachtigallgesang,

Ich bin der Sonne Pfeil, des Mondes Scheibe dir;

Was willst du noch? was blickt die Sehnsucht noch umher?

Wirf alles, alles hin: du weißt, ich bleibe dir!



Sonette 22

Venedig liegt nur noch im Land der Träume,

Und wirft nur Schatten her aus alten Tagen,

Es liegt der Leu der Republik erschlagen,

Und öde feiern seines Kerkers Räume.


Die ehrnen Hengste, die durch salz'ge Schäume

Dahergeschleppt, auf jener Kirche ragen,

Nicht mehr dieselben sind sie, ach! sie tragen

Des korsikan'schen Überwinders Zäume.


Wo ist das Volk von Königen geblieben,

Das diese Marmorhäuser durfte bauen,

Die nun verfallen und gemach zerstieben?


Nur selten finden auf des Enkels Brauen

Der Ahnen große Züge sich geschrieben,

An Dogengräbern in den Stein gehauen.


Der Strom

Der Strom, der neben mir verrauschte, wo ist er nun?

Der Vogel, dessen Lied ich lauschte, wo ist er nun?

Wo ist die Rose, die die Freundin am Herzen trug,

Und jener Kuß, der mich berauschte, wo ist er nun?

Und jener Mensch, der ich gewesen, und den ich längst

Mit einem andern Ich vertauschte, wo ist er nun?


Winterlied


Geduld, du kleine Knospe
Im lieben stillen Wald,
Es ist noch viel zu frostig,
Es ist noch viel zu bald.

Noch geh ich dich vorüber,
Doch merk ich mir den Platz,
Und kommt heran der Frühling,
So hol ich dich, mein Schatz.


Wer wußte je das Leben recht zu fassen

Wer wußte je das Leben recht zu fassen,

Wer hat die Hälfte nicht davon verloren

Im Traum, im Fieber, im Gespräch mit Toren,

In Liebesqual, im leeren Zeitverprassen?

Ja, der sogar, der ruhig und gelassen,

Mit dem Bewußtsein, was er soll, geboren,

Frühzeitig einen Lebensgang erkoren,

Muß vor des Lebens Widerspruch erblassen.

Denn jeder hofft doch, daß das Glück ihm lache,

Allein das Glück, wenn's wirklich kommt, ertragen,

Ist keines Menschen, wäre Gottes Sache.

Auch kommt es nie, wir wünschen bloß und wagen:

Dem Schläfer fällt es nimmermehr vom Dache,

Und auch der Läufer wird es nicht erjagen.


Sieh, du schwebst im Reigentanze; doch den Sinn erkennst du nicht



Sieh, du schwebst im Reigentanze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Dich beglückt des Dichters Stanze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Du beschaust die Form des Leibes, undurchschaulich abgestrahlt

Von des Marmors frischem Glanze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Als Granate blinkt die Sonne golden dir, die goldne Frucht,

Und der Mond als Pomeranze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Ihr Geblüt, das heilig dunkle, das in Trunkenheit dich wiegt,

Bietet dir die Rebenpflanze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Sieh, die Palme prangt als Kragen um des ird'schen Rockes Rand,

Sieh, die Fichte hangt als Franze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Sterngezelte, Blütenharnisch, blendet und erfreut den Blick,

Taleslager, Bergesschanze; doch den Sinn erkennst du nicht;

Bebend in der Mutter Busen, der gesäugt den ew'gen Sohn,

Siehest du des Schmerzes Lanze; doch den Sinn erkennst du nicht.


Kijk, je zweeft in rondedans; maar de betekenis ontgaat je;

dichterstrofen maken je gelukkig; maar de betekenis ontgaat je;

je aanschouwt de lichaamsvormen, ondoorzichtig uitgestraald

door frisse marmerglans; maar de betekenis ontgaat je;

de zon blinkt gulden voor jou als granaatappel, de gouden vrucht,

en de maan als pomerans; maar de betekenis ontgaat je;

haar bloeden, de heilige donkerte die je dronken voert,

biedt je de wijnstok aan; maar de betekenis ontgaat je;

zie, de palmboom schittert kraags rond de aardse jasrand,

zie, de spar hangt als franje; maar de betekenis ontgaat je;

Sterrentent en bloemenharnas verblinden en verblijden de blik,

rust in het dal en bergenschans; maar de betekenis ontgaat je;

bevend in de schoot van de moeder, die de eeuw’ge Zoon zoogde,

zie je de smartenlans; maar de betekenis ontgaat je.


(Vertaling: Zaj DE MEESTER)





Farbenstäubchen auf der Schwinge


Farbenstäubchen auf der Schwinge

Sommerlicher Schmetterlinge


Flüchtig sind sie, sind vergänglich

Wie die Gaben, die ich bringe,

Wie die Kränze, die ich flechte,

Wie die Lieder, die ich singe:


Schnell vorüber schweben alle,

Ihre Dauer ist geringe,

Wie ein Schaum auf schwanker Welle,

Wie ein Hauch auf blanker Klinge.


Nicht Unsterblichkeit verlang ich,

Sterben ist das Los der Dinge:

Meine Töne sind zerbrechlich

Wie das Glas, an das ich klinge.


Tristan

Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,

Ist dem Tode schon anheim gegeben,

Wird für keinen Dienst auf Erden taugen,

Und doch wird er vor dem Tode beben,

Wer die Schönheit angeschaut mit Augen.


Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe,

Denn ein Thor nur kann auf Erden hoffen,

Zu genügen einem solchen Triebe.

Wen der Pfeil des Schönen je getroffen,

Ewig währt für ihn der Schmerz der Liebe!


Ach, er möchte wie ein Quell versiechen,

Jedem Hauch der Luft ein Gift entsaugen

Und den Tod aus jeder Blume riechen:

Wer die Schönheit angeschaut mit Augen,

Ach, er möchte wie ein Quell versiechen!



Die Liebe hat gelogen


Die Liebe hat gelogen,

Die Sorge lastet schwer,

Betrogen, ach, betrogen

Hat alles mich umher!


Es rinnen heiße Tropfen

Die Wange stets herab,

Laß ab, laß ab zu klopfen,

Laß ab, mein Herz, laß ab!