Download document

KIRSCH, Sarah



Dann werden wir kein Feuer brauchen


Dann werden wir kein Feuer brauchen

es wird die Erde voll Wärme sein

Der Wald muß dampfen, die Meere

Springen, Wolken die milchigen Tiere

Drängen sich: ein mächtiger Wolkenbaum


Die Sonne ist blaß in all dem Glänzen

Greifbar die Luft ich halte sie fest

Ein hochtönender Wind

Treibts in die Augen da weine ich nicht


Wir gehn bloßen Leibs

durch Wohnungen türenlos schattenlos

Sind wir allein weil keiner uns folgt niemand

Das Lager versagt: stumm

Sind die Hunde sie wehren nicht

Den Schritt mir zur Seite: ihre Zungen

Aufgebläht ohne Ton sind taub


Nur Himmel umgibt uns und schaumiger Regen Kälte

Wird nie mehr sein, die Steine

Die ledernen Blumen unsere Körper wie Seide dazwischen

Strahln Wärme aus, Helligkeit

Ist in uns wir sind silbernen Leibs


Morgen wirst du im Paradies mit mir sein


Die Nacht streckt ihre Finger aus


Die Nacht streckt ihre Finger aus

Sie findet mich in meinem Haus

Sie setzt sich unter meinen Tisch

Sie kriecht wird groß sie windet sich


Und der Rauch schwimmt durch den Raum

Wächst zu einem schönen Baum

Den ich leicht zerstören kann –

Ich rauche einen neuen, dann


Zähl ich alle meinen lieben

Freunde an den Fingern ab

Es sind zu viele Finger, die ich hab

Zu wenig Freunde sind geblieben


Streckt die Nacht die Finger aus

Findet sie mich in meinem Haus

Rauch schwimmt durch den leeren Raum

Wächst zu einem Baum


Der war vollbelaubt mit Worten

Worten, die alsbald verdorrten

Schiffchen schwimmen durch die Zweige


Die ich heut nicht mehr besteige


Im Sommer


Dünnbesiedelt das Land.

Trotz riesigen Feldern und Maschinen

liegen die Dörfer schläfrig

In Buchsbaumgärten; die Katzen

Trifft selten ein Steinwurf.


Im August fallen Sterne.

Im September bläst man die Jagd an.

Noch fliegt die Graugans, spaziert der Storch

Durch unvergiftete Wiesen. Ach, die Wolken

Wie Berge fliegen sie über die Wälder.


Wenn man hier keine Zeitung hält

Ist die Welt in Ordnung.

In Pflaumenmuskesseln

Spiegelt sich schön das eigne Gesicht und

Feuerrot leuchten die Felder.


Breughel-Bild


Der Himmel schneit sich nackt und grün

Schon häuft sichs besetzt die Erde auf Landsknechtart

Fallen Krähen ein belauben den Baum

Schrein spähn sammeln sich fliegen weiter


Werden grauer im Schnee sind klein fast weiß

Kältevögel wohin geht eure Straße was zieht euch

Ein dampfender Maissilo ein Schlachthaus ein Rapsfeld das Schlachtfeld

Womit wollt ihr euch mästen wie denkt ihr

Ohne Verluste übern Winter zu kommen wartet

Nicht diesen Winter ist es umsonst fliegt

Über die schwarzborstigen Berge: hier fällt nichts ab


Keiner hat mich verlassen


Keiner hat mich verlassen

Keiner ein Haus mir gezeigt

Keiner einen Stein aufgehoben

Erschlagen wollte mich keine

Alle reden mir zu.



Der Rest des Fadens


Drachensteigen. Spiel

Für grosse Ebenen ohne Baum und Wasser.

Im offenen Himmel

Steigt auf

Der Stern aus Papier, unhaltbar

Ins Licht gerissen, höher, aus allen Augen

Und weiter, weiter

Uns gehört der Rest des Fadens,

und dass wir dich kannten



Landaufenthalt


Morgens füttere ich den Schwan abends die Katzen dazwischen

Gehe ich über das Gras passiere die verkommenen Obstplantagen

Hier wachsen Birnbäume in rostigen Öfen, Pfirsichbäume

Fallen ins Kraut, die Zäune haben sich lange ergeben, Eisen und Holz

Alles verfault und der Wald umarmt den Garten in einer Fliederhecke


Da stehe ich dicht vor den Büschen mit nassen Füßen

Es hat lange geregnet, und sehe die tintenblauen Dolden, der Himmel

Ist scheckig wie Löschpapier

Mich schwindelt vor Farbe und Duft doch die Bienen

Bleiben im Stock selbst die aufgesperrten Mäuler der Nesselblüten

Ziehn sie nicht her, vielleicht ist die Königin

Heute morgen plötzlich gestorben die Eichen


Brüten Gallwespen, dicke rosa Kugeln platzen wohl bald

Ich würde die Bäume gerne erleichtern doch der Äpfelchen

Sind es zu viel sie erreichen mühlos die Kronen auch faßt

Klebkraut mich an, ich unterscheide Simsen und Seggen so viel Natur


Die Vögel und schwarzen Schnecken dazu überall Gras Gras das

Die Füße mir feuchtet fettgrün es verschwendet sich

Noch auf dem Schuttberg verbirgt es Glas wächst

in aufgebrochne Matratzen ich rette mich

Auf den künstlichen Schlackenweg und werde wohl bald

In meine Betonstadt zurückgehen hier ist man nicht auf der Welt

Der Frühling in seiner maßlosen Gier macht nicht halt, verstopft

Augen und Ohren mit Gras die Zeitungen sind leer

Eh sie hier ankommen der Wald hat all seine Blätter und weiß

Nichts vom Feuer