GRILLPARZER, Franz


Ein Bruderzwist in Habsburg

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Ferdinand. Nun denn, der Augenblick der Tat, er kam.

Stirbt Kaiser Rudolf, was wohl furchtbar nah,

Und folgt Mathias auf dem deutschen Throne,

Verdoppeln sich die furchtsamen Bedenken,

Die ihm dies Schwanken in die Brust gelegt.

Des Reiches Fürsten, ketzerisch zumeist,

Hier Sachsen, Brandenburg, die böse Pfalz,

Sie nötigen zu Schonung, schwachem Dulden

Und jene Spaltung setzt sich endlos fort,

In der Gott selbst so wie sein Wort gespalten.


Vor allem jetzt muß dieser Priester fort,

Des schlimme Schmeichelei, gehüllt in Derbheit,

Ihn ehrlich nennt wo listig er zumeist.

Des Leichtigkeit in Schrift und Wort und Tat,

Ihn unentbehrlich macht, weil er bequem

Die Herrschaft auflöst in die Unterschrift.


Jetzt oder nie! Seit Monden seh ich's kommen,

Und der ich Festigkeit von andern fordre,

Mir ringen Zweifel selber in der Brust.

(Aus der Tasche seines Mantels Briefe hervorziehend.)

Bin ich gewappnet nicht mit aller Vollmacht

Von Rom, von Spanien, dem kathol'schen Deutschland?

Das böse Beispiel das ich etwa gebe,

Es findet sich geheiliget im Zweck:

Der Ehre Gottes und dem Sieg der Kirche.

(Das Barett abnehmend.)

So war dem Hohenpriester wohl zu Mut

Als er den Ahab tötete im Haus des Herrn.

Er warf sich nieder vor der Bundeslade

Wie ich jetzt beugen möchte hier mein Knie

Und Gottes Wink erflehn und seine Stimme.


Ich will noch einmal meinen Oheim sprechen,

Ihm vor die Augen legen diese Briefe,

Die alle fordern was das Heil von allen.

Dann aber rasch, denn er ist wankelmütig!

Der nächste Tag bringt einen andern Sinn

Und die Gewohnheit ist das Band der Schwäche.

(Die Türe im Hintergrunde öffnend.)

Seyfried bist du bereit?
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Sappho

Sappho

Siehst du, mein Freund, so lebt nun deine Sappho!

Für Wohltat Dank, für Liebe – Freundlichkeit,

So ward mir's stets im Wechseltausch des Lebens;

Ich war zufrieden, und bin hoch beglückt,

Gibst du auch halb nur wieder das Empfangne,

Wenn du dich nicht für übervorteilt hältst.

Ich hab gelernt verlieren und entbehren;

Die beiden Eltern sanken früh ins Grab

Und die Geschwister, nach so mancher Wunde,

Die sie dem treuen Schwesterherzen schlugen,

Teils Schicksals Laune, und teils eigne Schuld

Stieß früh sie schon zum Acheron hinunter.

Ich weiß wie Undank brennt, wie Falschheit martert,

Der Freundschaft und der – Liebe Täuschungen

Hab ich in diesem Busen schon empfunden,

Ich hab gelernt verlieren und entbehren!

Nur eins verlieren könnt' ich wahrlich nicht,

Dich Phaon, deine Freundschaft, deine Liebe!

Drum mein Geliebter, prüfe dich!

Du kennst noch nicht die Unermeßlichkeit

Die auf und nieder wogt in dieser Brust.

O laß mich's nie, Geliebter nie erfahren,

Daß ich den vollen Busen legte an den deinen

Und fänd' ihn leer!


Glaube und Heimat

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DON CÄSAR.

Wie gehts dem Kaiser?

RUMPF.

Gut. Verwunderlich.

Der Herr verjüngen sich mit jedem Tage,

Sehn wie ein Dreißiger. Sagt ich doch heut nur:

Daß sie so selten öffentlich sich zeigten,

Die Weiber sei'ns, die drob am meisten klagten.

Da lachten Seine Majestät.

DON CÄSAR.

Ich glaubs wohl.

War ich dabei, ich hätte auch gelacht.

Ein Dreißiger! mit solchem Bauch und Beinen.

Wie nun, kann ich ihn sprechen?

RUMPF.

Allerdings.

Ein Weilchen nur hochgnädige Geduld.

Des Kaiser Majestät sind –

Er spricht ihm ins Ohr, auf Mathias zeigend.

DON CÄSAR.

Gut denn, gut.

Wem ist das Pferd, das man im Hofe führt?

RUMPF.

Ach, euer, wenn ihr wollt. Der Kaiser hat es heute

Besehen und gekauft.

DON CÄSAR.

Ich will‘s besteigen.

Ab.

MATHIAS.

Wer ist der junge Mann?

KLESEL.

So wißt ihr nicht?

Ein Findelkind, im Schlosse hier gefunden.

Der Kaiser liebt ihn sehr. Begreift ihr nun?

MATHIAS.

Don Cäsar?

KLESEL.

Wohl, er selbst. – Nun, noch einmal,

Begehrt in Ungarn ein Kommando.

MATHIAS.

Wozu?

KLESEL.

Ihr sollt noch hören. Doch verlangt es!

Ein Kämmerer tritt ein.

KÄMMERER.

Erzherzog Ferdinand aus Steiermark

Sind angekommen, bitten um Gehör.

RUMPF.

Du liebe Zeit! Ihr Gnaden sind willkommen.

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