KRAMER, Theodor
Es ist schön
Es ist schön, wenn du spät im verfinsterten Raum
ins geglättete Bett zu mir kriechst
und mich anrührst mit deinem kaum sichtbaren Flaum
und nach Seife und Pfefferminz riechst.
Deine Haut ist noch kühl, deine Hände sind schwer;
und dein Mund gibt sich zögernd und tut
bei allem, als ob es das erste mal wär,
und das, liebe Liebste ist gut.
Es ist schön wenn die Brust sich dir hebt und sich senkt
und mich leise dein Atem weht an
und dein Leib sich mir nähert und freundlich sich schenkt,
weil er einfach nicht anders mehr kann.
Die Nacht ist noch lang und um uns alles still,
in den Ohren rauscht leise das Blut;
und was du willst, will ich, und du tust, was ich will,
und das, liebe Liebste, ist gut.
Es ist schön, wenn im Fenstergeviert sich der Schein
des Tages erhebt und mich weckt,
und die Hand läßt die Rundung der Schultern nicht sein,
bis der Druck meiner Finger dich schreckt.
Süß und weh zugleich ist, was ich tu oder laß,
wenn dein Arm mich umfängt, uns zumut,
und ich küß vom Gesicht dir das salzige Naß,
und das, liebe Liebste ist gut.
Lied am Bahndamm
Süß das schwarze Gleis entlang
duftet die Kamille
Mückenschwall und Vogelsang
sind verstummt, die Grille
regt allein sich schrill im Sand
und uns beide, Hand in Hand
überkommt die Stille
Rote Tropfen streut der Mohn
über Hand und Stätte
auf dem Stockgleis der Waggon
ist heut unser Bette
wo man uns zwei schlafen läßt
und schon hält dein Haar mich fest
als ob's Finger hätte
In der Tür das Blau wird satt
Sterne schaukeln trunken
wenn auf Spelt und Schaufelblatt
sprühen jähe Funken
und ein Zug vorüberfährt
bleib ich ganz dir zugekehrt
ganz in dich versunken
ganz in dich versunken
ganz in dich versunken