WILDGANS, Anton
Ich weiß von Deinem Körper nur die Hand
Ich weiß von Deinem Körper nur die Hand,
Denn Dein Gesicht ist Seele ganz und Ferne;
Und wenn ich drin auch langsam deuten lerne,
Gleich schwindet mir, was ich noch kaum verstand.
Ganz träumend wölbt der Stirne blasse Wand
Sich tief ins Gold, und wie von einem Sterne
Geht holdes Licht von ihr: Gott hat Dich gerne!
Ich weiß von Deinem Körper nur die Hand.
Sie ist für Reize, die Du streng verborgen
Nur ahnen lässest in der Mädchentracht,
Ein rein Symbol – und doch schon sehr erwacht;
Denn manchmal sehe ich am klaren Morgen
Nach einer sturmdurchwühlten Frühlingsnacht
An ihr noch Wünsche und ein wenig Sorgen.
Einer Unbekannten
In diesem großen Traurigsein,
Das Leben heißt,
Kann einer fernen Lampe Schein
Oft wie ein liebes Grüßen sein
Von Geist zu Geist.
Und eines Menschen Angesicht,
Das kaum man kennt,
Kann rührend sein wie ein Gedicht
Und trösten wie ein leises Licht,
Das tief im Dämmer brennt.
Es fallen Blätter
Es fallen Blätter, matt und rot und braun,
Ein letzter Tanz im Wind, eh’ sie vergehn.
Der Himmel trüb, ein graues, müdes Blau’n,
Und ferne Krähen seh’ ich einsam stehn.
Die Sonne bleich, als wär sie müd vom Tag,
Sie wirft nur matte Scheine in das Land.
Ein leises Raunen, wie ein tiefer Schlag,
Zieht durch die Bäume, nimmt die Zeit zur Hand.
Und in der Seele wird es still und weit,
Ein Abschiedsschmerz, der leise sich entfaltet.
Die Schönheit stirbt, doch in der Ewigkeit
Wird jeder Hauch der alten Zeit gestaltet.
Sonette an Ead IV
Du bist der Morgen, den die Nacht gebiert,
Das erste Licht, das meine Seele trinkt,
Wenn übern Tau die junge Sonne sinkt
Und sich in meinem Herzen weit verliert.
Du bist die Luft, die mich unsichtbar rührt,
Das leise Wehen, das mein Traumgesicht
Von deiner Nähe ahnt, und dich zum Licht
Der tiefsten Sehnsucht in mir herbeiführt.
Du bist der Ton, der in der Stille klingt,
Ein unhörbarer Ruf, der mich durchdringt,
Und meine einsame Seele dir vermählt.
Du bist das Wort, das nur mein Geist vernimmt,
Die Ewigkeit, die sich in mir bestimmt,
Ein unauslöschlich Bild, das nie verfehlt.