BERNHARD, Thomas
Meine Preise
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Die Feier war ziemlich kurz. Herr von Bohlen und Halbach, der damalige Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutschen Industrie sollte die Verleihung der Ehrengabe an Frau Borchers und an mich vornehmen. Wir hatten mit Doktor de le Roi in der ersten Reihe Platz genommen. Links und rechts von uns waren die Honoratioren der Stadt, auch der Bürgermeister mit seiner schweren Kette. Ich hatte am Vorabend zu viel gegessen und fühlte mich elendig. Ich weiß gar nicht mehr, ob eine Rede gehalten wurde, aber wahrscheinlich doch, denn eine solche Feierlichkeit geht gar nicht ohne Rede. Die Ehrengäste drohten den Rathausfestsaal zur Explosion zu bringen. Ich konnte kaum atmen. Ich drohe in dieser Festsaalluft zu ersticken. Alles war voller Schweiß und Würde. Aber wir hatten so viel gelacht am Vorabend, dachte ich, die Frau Borchers und ich, das allein war es wert gewesen. Und dazu jetzt auch noch die achttausend Mark! Gleich ist der ganze Zauber vorbei und wir bekommen den Scheck in die Hand!, dachte ich. Natürlich hatte auch hier eine Kammermusikkapelle Platz genommen, was sie aufspielte, weiß ich nicht mehr. Und dann kam auch schon, wie mir in Erinnerung ist, völlig überraschend, der entscheidende Augenblick. Der Präsident von Bohlen und Halbach betrat das Podium und las von einem Zettel Folgendes ab: "...und hiermit überreicht der Bundesverband der Deutschen Industrie die Ehrengabe neunzehnhundertsiebenundsechzig an Frau Bernhard und Herrn Borchers!
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Das Kalkwerk
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... wie Konrad vor fünfeinhalb Jahren das Kalkwerk gekauft hat, sei das erste die Anschaffung eines Klaviers gewesen, das er in seinem im ersten Stock gelegenen Zimmer habe aufstellen lassen, heißt es im Laska, nicht aus Vorliebe für die Kunst, so Weiser, der Verwalter der mußnerschen Liegenschaft, sondern zur Beruhigung seiner durch jahrzehntelange Geistesarbeit überanstrengten Nerven, so froh, der Verwalter der trattnerschen Liegenschaft, mit Kunst, die er, Konrad, hasse, habe sein Klavierspiel nicht das Geringste zu tun gehabt, er improvisierte, so froh, und habe, so Weiser, an jedem Tag eine sehr frühe und eine sehr späte Stunde bei geöffneten Fenstern und bei eing schaltetem Metronom auf dem Instrument dilettiert ...
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Frost
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Es gibt im Dorf Leute, die noch nie aus dem Tal herausgekommen sind. Die Brotausträgerin zum Beispiel, die mit vier Jahren angefangen hat, Brot auszutragen, und nie mehr aufgehört hat, Brot auszutragen, bis zum heutigen Tag, an dem sie siebzig ist. Der Milchführer. Beide haben die Eisenbahn bis jetzt nur von außen gesehen. Und die Schwester der Brotausträgerin und der Mesner. Der Pongau ist für sie so wie für einen andern das finstere Afrika. Der Schuster. Sie bleiben da, wo sie ihr Einkommen haben, und etwas anderes interessiert sie nicht. Oder sie fürchten sich, einen Schritt hinaus zu machen. »Ein Freund hat mir die Gasthausadresse gegeben«, sagte ich. Wie ist diese Lüge zustande gekommen? So einfach, als wäre nichts leichter als zu lügen. Und immer fort und fort zu lügen. »Da ich gern in einen Ort oder in eine Landschaft komme, die ich nichtkenne«, sagte ich, »habe ich nicht gezögert.”
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