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KROLOW, Karl


Der Dichter spricht


Wunderliches Leben, das ich sage,

Unaufhörlich am Verstehen vorbei!

Wuchs es nicht wie Stille hinterm Schrei,

Dessen Schall ich noch im Ohre trage?

Raubt ichs nicht dem listgen Vogelmund,

Ehe dunkel ich das Wort gebrauchte?

Das Geheimnis, das den Kürbis bauchte,

Machte mir die laute Elster kund.


Jedes blühn ist tief mit mir verständigt,

Und ich spür den Wink im Ziegelreste.

Noch die Alge, die im Stein gepresste,

Ist voll Dasein und bleibt unbeendigt.

Mildes Nass, das mir den Nacken kühlt,

Ward von mir im stummen Wind erlitten;

Und der Stern, aus blauer Nacht geschnitten,

Ist im Niederfall von mir gefühlt.


Luft, die trauert! Und ich muss sie trinken,

Bis die Augen sich mit Schwärze sammeln.

Hell im Grass erlöst mit Grillenstammeln,

Und ich kann in sanfte Dämmrung sinken


Unbegriffner Lehm, dem Geist entfuhr,

Der sich zögernd mischte mit den Dingen:

Flüchtig wie die stille Ätherspur,

Wenn im Fluss die grossen Barsche springen!



Es war die Nacht


Es war die Nacht, in der sie nicht mehr lachten,

die Nacht, in der sie miteinander sprachen

wie vor dem Abschied und in der sie dachten,

dass sie sich heimlich aus dem Staube machten,

die Nacht, in der sie schweigend miteinander brachen.


Es war die Nacht, in der nichts übrig blieb

von Liebe und von allen Liebesstimmen

im Laub und in der Luft. Wie durch ein Sieb

fielen die Gefühle: niemandem mehr lieb

und nur noch Schemen, die in der Nacht verschwimmen.


Es war die Nacht, in der man sagt: gestehe,

Was mit uns war. Ist es zu fassen?

Was bleibt uns künftig von der heißen Nähe

der Körper? Es wird kalt. Ich sehe,

wie über Nacht wir voneinander lassen.


Das Paar


So sind sie aus der Nächte Haft gestiegen.

Halten verschwiegen

Die Augen hin.

Sie fühlen noch die Sternenflut im Haare

Wie Spinnwebschleier, alles Wunderbare

Um Mund und Kinn.


Der Morgen treibt mit schmaler Roggenspindel

Den süßen Schwindel

Aus ihrem Blut.

Und zarter Schlaf, der sie im Laub gepeinigt,

Hat sich im frühen Nesselbiß gereinigt,

Der wehe tut.


Das Bündel Schmerzen , die vergrabene Trauer,

Wird nun genauer

Im kalten Wehn.

Der grüne Wind schmeckt ihrem Gaumen bitter

Wie Pflaumenhaut, im starken Taggezitter,

Drin sie sich sehn.


Sie rühren langsam sich in fremden Gliedern,

Ohne Erwidern

Gestriemt vom Licht.

Und während Seufzer sich zum Himmel kehren,

Muß das verstummte Herz der Asche wehren

Und kennt sich nicht.