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PLAGGE, Hermann



Vorstadtabend


An jedem Abend steigt die Riesenwelle

der Lichtflut auf und wirft die Blinkerkämme

rauschend gegen die nachtgefugten Dämme

der Dunkelheit und droht mit großer Helle.


Bisweilen flieht in das gedehnte Land

ein Stadtbahnzug, der atemlos sich rettet

und Baum an Baum mit seinem Licht verkettet,

und ferne schmal wird wie ein Ordensband.


Die Nacht wächst blau herauf an allen Enden.

Die Sterne frieren, hoch und dünn gestrählt,

Orion, gierig, mit den goldenen Händen


hascht nach dem Mond, der unten sich gequält

heraufwürgt aus der Weltstadt Riesenlenden

wie eine Frucht, groß, blank und abgeschält.



Soldatengräber


Ihr ruht versteckt in Gräber, hinter Hecken,

So wie ihr fielet in den Kanonaden,

Bald einsam, bald mit vielen Kameraden.

Noch friert euch unter dünnen Erdedecken.


Wir haben euch befreit von den Tornistern.

Ihr atmet leicht - es löset sich der Krampf

Der steifen Hände, schwarz von Pulverdampf,

Und jede Wut, die in den Zähnen knistert.


Der Winter kommt, bald wird die Erde hart.

Die Kugeln fahren klingelnd in die Schollen.

Ihr schlafet fort, von eurem Traum genarrt


Und hört nur ferne wie Gewitterrollen

Den Lärm der grossen Schlachten, die wir schlagen

Und wild in Bränden um die Erde tragen.