BOLDT, Paul



Gleich den Tannen


Gleich den Tannen des Waldes

Hat dein Nacken

Einen Duft –

Du Große, Geliebte!


In den blühenden Wiesen,

Wenn der Juni reift,

Baden deine Füße

Und werden geliebt.


Auf deinen Brüsten

Wachsen Opale!

Die glitzern

Im Schnee der Begierde.


Wie Regen

Am Acheron

Fühlt dein Haar der Nackte,

Bronzener Kühle voll.


Deiner Arme Umarmungen,

Sausende Lichtkaskaden,

Trinke ich heißer,

Dunkler Hades.


Friedrichstraßendirnen


Sie liegen immer in den Nebengassen,

Wie Fischerschuten gleich und gleich getakelt,

Vom Blick befühlt und kennerisch bemakelt,

Indes sie sich wie Schwäne schwimmen lassen.


Im Strom der Menge, auf des Fisches Route.

Ein Glatzkopf äugt, ein Rotaug’ spürt Tortur,

Da schießt ein Grünling vor, hängt an der Schnur

Und schnellt an Deck einer bemalten Schute,


Gespannt von Wollust wie ein Projektil!

Die reißen sie aus ihm wie Eingeweide,

Gleich groben Küchenfrauen ohne viel


Von Sentiment. Dann rüsten sie schon wieder

Den neuen Fang. Sie schnallen sich in Seide

Und steigen ernst mit ihrem Lächeln nieder.



Auf der Terrasse des Café Josty


Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll

Vergletschert alle hallenden Lawinen

Der Straßentakte: Trams auf Eisenschienen

Automobile und den Menschenmüll.


Die Menschen rinnen über den Asphalt,

Ameisenemsig, wie Eidechsen flink.

Stirne und Hände, von Gedanken blink,

schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.


Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,

Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen

Und lila Quallen liegen - bunte Öle;


Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen.-

Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,

Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.



Berliner Abend


Spukhaftes Wandeln ohne Existenz!

Der Asphalt dunkelt und das Gas schmeißt sein

Licht auf ihn. Aus Asphalt und Licht wird Elfenbein.

Die Straßen horchen so. Riechen nach Lenz.


Autos, eine Herde von Blitzen, schrein

Und suchen einander in den Straßen.

Lichter wie Fahnen, helle Menschenmassen:

Die Stadtbahnzüge ziehen ein.


Und sehr weit blitzt Berlin. Schon hat der Ost,

Der weiße Wind, in den Zähnen den Frost,

Sein funkelnd Maul über die Stadt gedreht,

Darauf die Nacht, ein stummer Vogel, steht.



Stadt


Unsere Stadt ist gar nicht absolut.

In die roten, gefleckten Wolkenmassen

Sinken die Häuser abends wie zerlassen.

Voller Detail. Straßen und Lampenflut.


Behändetes Café voll Köpfen kocht.

Im Rock aus Schrei steht Litfaßsäule steif.

Wind fliegt vorbei als dunkler Pferdeschweif.

Und Hurenlächeln brennt am Kleiderdocht.


Tagestrottoir beschreiten dunkel Träger.

Kleider mit alten Flecken roten Munds.

Antlitz, auf Hirn gefaltet, friert blutlos.


Ach: nahten reicherblutig Wälder uns

Der Stadt entschritten! Und wärmend und bloß

Himmel der Farbige, der blaue Neger.



Sinnlichkeit


Unter dem Monde liegt des Parks Skelett.

Der Wind schweigt weit. Doch wenn wir Schritte tun,

Beschwatzt der Schnee an deinen Stöckelschuhn

Der winterlichen Sterne Menuett.


Und wir entkleiden uns, seufzend vor Lust,

Und leuchten auf; du stehst mit hübschen Hüften

Und hellen Knien im Schnee, dem sehr verblüfften,

Wie eine schöne Bäuerin robust.


Wir wittern und die Tiere imitierend

Fliehn wir in den Alleen mit frischen Schrein.

Um deine Flanken steigt der Schnee moussierend.


Mein Blut ist fröhlicher als Feuerschein!

So rennen wir exzentrisches Ballett

Zum Pavillon hin durch die Tür ins Bett.