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HAUFF, Wilhelm


Reiters Morgengesang

Morgenrot,

Leuchtest mir zum frühen Tod?

Bald wird die Trompete blasen,

Dann muß ich mein Leben lassen,

Ich und mancher Kamerad!

Kaum gedacht,

War der Lust ein End gemacht!

Gestern noch auf stolzen Rossen,

Heute durch die Brust geschossen,

Morgen in das kühle Grab!

Ach, wie bald

Schwindet Schönheit und Gestalt!

Tust du stolz mit deinen Wangen,

Die wie Milch und Purpur prangen?

Ach, die Rosen welken all!

Darum still

Füg ich mich, wie Gott es will.

Nun, so will ich wacker streiten,

Und sollt ich den Tod erleiden,

Stirbt ein braver Reitersmann.


An Emilie


Zum Garten ging ich früh hinaus,

Ob ich vielleicht ein Sträußchen finde?

Nach manchem Blümchen schaut ich aus,

Ich wollt′s für dich zum Angebinde;

Umsonst hatt ich mich hinbemüht,

Vergebens war mein freudig Hoffen;

Das Veilchen war schon abgeblüht,

Von andern Blümchen keines offen.


Und trauernd späht ich her und hin,

Da tönte zu mir leise, leise,

Ein Flüstern aus der Zweige Grün,

Gesang nach sel′ger Geister Weise;

Und lieblich, wie des Morgens Licht

Des Tales Nebelhüllen scheidet,

Ein Röschen aus der Knospe bricht,

Das seine Blätter schnell verbreitet.


»Du suchst ein Blümchen?« spricht′s zu mir,

»So nimm mich hin mit meinen Zweigen,

Bring mich zum Angebinde ihr,

Ich bin der wahren Freude Zeichen.

Ob auch mein Glanz vergänglich sei,

Es treibt aus ihrem treuen Schoße

Die Erde meine Knospen neu,

Drum unvergänglich ist die Rose.